Wohl selten hat man den Erfolg vorbeugender polizeilicher Maßnahmen so unmittelbar miterleben können,
wie am 1. Mai 2019 in Berlin-Blankenburg. Die von vielen Anwohnern befürchteten Szenarien rund um
das von der AfD-Pankow westlich der Dorfkirche veranstaltete "Mai- und Europafest" traten nicht ein,
weil sich die Einsatzleitung der Polizei offenbar im Vorfeld äußerst gründlich mit
den Besonderheiten der Ortslage befasst hatte.
Bereits am Vorabend wurden die Kundgebungsplätze und Sicherungsräume in der unmittelbaren Umgebung
des Dorfangers freigeräumt. Rund um die Dorfkirche wurden an den neuralgischen Punkten
Absperrgitter platziert und Leitmarkierungen für den Durchgangsverkehr angebracht. Die Effektivität
der geradezu lehrbuchhaften Einsatzplanung sollte sich dann am Maifeiertag recht eindrucksvoll erweisen.
Am S-Bahnhof Blankenburg trafen gegen 13:00 Uhr all jene Personen ein, die
den Aufrufen von Antifa, SPD und linker Szene gefolgt waren, um den Bewohnern
Blankenburgs zum "Tag der Arbeit" ein besonderes Event zu bescheren. Hier wurden
viele überhaupt erst durch den im ganzen Ort wahrnehmbaren Helikoptereinsatz
der Polizei aufmerksam, mit dem die Einsatzleitung bereits vorab den Treffpunkt und die Aufmarschstrecke
der Demo aus der Luft absichern ließ.
Der gemeinsame Aufzug der ca. 500 Demonstranten startete gegen 13:30 Uhr durch die Bahnhofstraße in
Richtung Alt-Blankenburg. Angeführt von einer überwiegend schwarz gekleideten Gruppe junger Antifa-Anhänger,
die sich hinter drei großen u-förmig angeordneten Transparenten drängten. "Mein Kiez soll nazifrei
sein!" und
"Keine Zusammenarbeit mit der AfD" war dort u. a. zu lesen. Über Lautsprecherboxen, die
auf einem roten
VW-Bus montiert waren, verkündete die kämpferisch klingende Stimme einer jungen Frau ein paar Befindlichkeiten
und Statements derer, die dem Wagen folgten. Vom Lautsprecherwagen, der von einigen Aktivisten per Muskelkraft
vorangeschoben wurde, war u. a. zu hören:
"Wir haben keinen Bock auf die Politik der AfD!" und "Wir haben keinen Bock auf
eine Gesellschaft, in der die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden!".
Vereinzelt schwenkten Demonstranten Fahnen mit Symbolen von Atomkraftgegnern, den Grünen und anderen
politischen Gruppen. Besonderer Aufmerksamkeit erfreute sich bei den wenigen am Straßenrand stehenden
Anwohnern eine fünfköpfige Theater-Gruppe, die als bunt kostümierte und blau
geschminkte Clowns der Szenerie immerhin auch eine gewisse heitere Note gaben.
Eskortiert wurde der Demonstrationszug von ca. 80 unbehelmten Ordnungshütern, die trotz ihrer Uniformen
nicht so recht zu Reizfiguren taugen wollten. Auffällig war, dass alle Polizisten ihre Helme am Koppel
trugen und so auch für aggressionsbereite Demonstranten besser als "Bürger in Uniform" zu
erkennen waren.
Unter ihnen nicht wenige Polizistinnen sowie eine größere Anzahl von Beamten, die gelbe Westen mit der
Aufschrift "Kommunikationsteam" trugen. Mit betont unaufgeregter Körpersprache, bei Bedarf
aber auch mit
gezielter Ansprache einzelner Provokateure, wurde von diesen stetig zur Beruhigung der Lage beigetragen.
Im Ortszentrum wurden die Teilnehmer der beiden angemeldeten Versammlungen von den freundlich aber bestimmt
auftretenden Berliner Einsatzkräften, die von einer größeren Gruppe junger Kollegen aus Niedersachsen
unterstützt wurden, zu den jeweiligen Kundgebungsbereichen nördlich und südlich der Dorfkirche geleitet.
Hier zeigte sich schnell, dass die angekündigte Deeskalations-Strategie der Berliner
Polizei in Blankenburg taktisch klug und professionell umgesetzt wurde.
Den beiden jungen Lokalreportern vom Blankenburger Webportal "Berlin-Blankenburg.de" bot
sich kurz nach
14:00 Uhr rund um die Dorfkirche eine nahezu entspannte Atmosphäre, wie die folgende Fotoserie
dokumentiert:
Fotoserie: 1. Mai 2019 in Berlin-Blankenburg
Es zeigte sich, dass die Polizei mit einem durchaus überschaubaren Aufgebot die Gefahr von gewalttätigen
Krawallen und anderen Eskalationen durch zielgerichtete vorbereitende Maßnahmen auf ein Minimum reduzieren
konnte und zu jeder Zeit "Herr der Lage" war. So wurde u. a. durch das geschickte Ausnutzen der örtlichen
Gegebenheiten mit wenigen Absperrungen der Zugänge zum AfD-Festgelände verhindert, dass es zu den im Vorfeld
via Internet recht unverblümt angekündigten Straftaten einzelner Links-Extremisten kommen konnte.
Mangels Sicht- und Rufkontakt zu den Teilnehmern der AfD-Veranstaltung war dem Aggressionspotential der
meisten störwilligen Demo-Teilnehmer offensichtlich der Nährboden entzogen. Dies führte allerdings bei einigen zu
gesteigerter Frustration, die sich in obszönen Gesten und verbalen Schmähungen gegen alle Personen entlud,
die sich jenseits der Absperrgitter zeigten. Auch die weiblichen Beamten mussten sich vom "kollektiven
Stinkefinger" beleidigen und als "Bullenschweine" anbrüllen lassen, während den
als Pressevertreter gekennzeichneten Jugendlichen nicht nur dumme
Sprüche (zum Beispiel: "Ihr Jung-Nazis fangt ja früh an!"),
sondern auch derart sinnfreie Rufe wie "Lügenpresse" entgegenschlugen! Offenbar konnten oder
wollten
auch die klugen Köpfe unter den linken Demonstranten nicht verhindern, in welcher von Hass gesteuerten
Ausdrucksform hier von diversen Mitstreitern öffentlich "ein Zeichen gesetzt" wurde (vgl. Foto).
Während jeder Verkehrspolizist bei derart eindeutig erfüllten Straftatbeständen
(§ 185 StGB) eine zu Anklage und Verurteilung führende Anzeige erstatten würde, scheint
das Erdulden von
verletzenden Dauerpöbeleien für Beamte im Sicherungseinsatz bei Demonstrationen und Kundgebungen zum
normalen Dienstalltag zu gehören. Man kann nur hoffen, dass dafür vom Dienstherrn ein fairer Ausgleich
geschaffen wird. Zum Beispiel durch Zahlung von angemessen hohen Sonderzulagen - als "Schmerzensgeld"
für im Dienst erlittene Persönlichkeitsrechtsverletzungen.
Von der Polizei wurde am 1. Mai in Blankenburg nicht nur die Versammlungsfreiheit im Allgemeinen geschützt.
Auch eines der bedeutendsten Bauwerke von Blankenburg, die denkmalgeschützte evangelische
Dorfkirche mit ihrer historischen Feldsteineinfriedung, wurde durch unmittelbare
Präsenz vor drohendem Vandalismus und sonstiger Beschädigung geschützt, wie auf einigen
Fotos gut zu erkennen ist. Vereinzelte Versuche von
Demonstranten auf die Friedhofsmauer zu steigen, wurden von den Beamten konsequent unterbunden.
Laut Einsatzbericht der Polizei war es am 1.Mai in Blankenburg zu keinen gravierenden Zwischenfällen
gekommen. Lediglich beim Versuch einzelner Demonstranten, durch die Absperrungen auf die Festwiese der
AfD zu gelangen, war es zu einer Anzeige wegen Körperverletzung und zu einigen wenigen
Platzverweisen gekommen.
Einem lehrbuchmäßigen Einsatzplan und dem besonnenen Agieren aller Polizeibeamten vor Ort haben
es die Blankenburger Anwohner einerseits zu verdanken, dass der denkmalgeschützte Ortskern
unbeschädigt blieb. Andererseits blieben dadurch aber auch die befürchteten stundenlangen
Lärmbelästigungen aus.
Bereits gegen 16:30 Uhr traten die gemäßigten Demonstranten mit dem Lautsprecherwagen - und mit ihnen
auch die ursprünglich auf Provokation bedachten Aktivisten der Antifa den Heimweg Richtung S-Bahnhof an.
Die Absperrgitter lagen schon kurz vor 18:00 Uhr am Straßenrand gestapelt zur Abholung bereit. Zu diesem
Zeitpunkt sicherten nur noch wenige Berliner Polizeibeamte in spürbar gelöster Stimmung unmittelbar vor
der Dorfkirche einen friedlich ausklingenden Maifeiertag.
Mit Sicherheit hat dieser rundum erfolgreiche Einsatz der Polizei am 1. Mai 2019 in
Blankenburg nicht nur beim Verfasser dieser Zeilen einen bleibenden Eindruck und ein
gehöriges Maß Dankbarkeit hinterlassen.
In wie weit sich die dreistündige "Demonstration" zum Maifeiertag in Blankenburg letztlich für die
veranstaltenden Parteien "gelohnt" hat, bleibt ebenso offen, wie die Frage, ob es nun bei einzelnen
Bürgern oder Beamten (auch Polizisten sind Wähler!) zu verändertem Wahlverhalten kommen wird...
Friedbert Weisshaupt
03/05/2019
Direkt neben der Dorfkirche lädt die AfD-Pankow ab 14:00 Uhr im Ortszentrum von Blankenburg vor ihrem Bürgerbüro - Alt-Blankenburg 12A -
zu einem "Mai- und Europafest" ein. Angekündigt sind "ein Kinderprogramm (Schminken, Hüpfburg,
Ponyreiten, XXL-Tischkicker)" sowie "Speis und Trank zu günstigen Preisen".
In der Einladung deutet nichts auf eine "Protest-Veranstaltung" hin:
pankow.afd.berlin
Ungeachtet dessen hat sich bereits zu 13:00 Uhr am S-Bahnhof Blankenburg eine anonyme Gruppe "antifaschistischer Initiativen"
zum "dynamischen und kreativen Gegenprotest" verabredet, wie auf einer Seite der "antifa-berlin.info"
zu lesen ist:
www.antifa-berlin.info
Die Polizei wird den Veranstaltungsort wegen der angekündigten "Gegenproteste" der insbesondere aus Kreuzberg
und Neukölln anreisenden Teilnehmer der "Antifaschistischen Demonstration" weiträumig für den Durchfahrtsverkehr
sperren (siehe Grafik). Laut "Berliner Morgenpost" vom Sonntag, 28.04.2019, soll der "Aufzug 'Kein Raum der AfD'" in eine
Kundgebung - ebenfalls auf dem Dorfanger neben der Kirche - unter dem Motto
"Solidarität statt Hass in Pankow" übergehen.
Laut anonymer Ankündigung im Internet wolle man die "Solidarität" mit den Blankenburgern derart demonstrieren,
dass man den Besuchern des AfD-Festes, die vorhaben, dort "Bratwurst zu fressen" und
"Bier zu trinken", die "wahre Fratze dieser Partei" präsentieren wird.
Auch die Aussage, dass es "für AfdlerInnen sicher nicht ... ungefährlich sei, die faschistische
Veranstaltung zu besuchen", löst wenig Zuversicht aus, dass es sich bei dem geplanten "Gegenprotest" tatsächlich um
eine "Demonstration der Solidarität" gegen den Hass handeln könnte. Wie man vor Ort einen "AfDler"
vom einfachen Volksfest-Besucher unterscheiden will, und ob es für letzteren und die Kids, die
einfach nur auf der Hüpfburg herumtollen oder ein Pony reiten wollen, weniger gefährlich wird, lässt sich dem
Aufruf der anonymen "Blankenburg-Besucher" leider nicht entnehmen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass Blankenburg und den Beamten im Einsatz vor Ort die Terror-Erfahrung der früheren
Kreuzberger Mai-Krawalle erspart bleibt und die Vernunft über den bereits im Vorfeld geschürten Hass obsiegt.
Friedbert Weisshaupt
29/04/2019